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Historische Dokumente und Autographen

Stapfer, Philipp Albert - Helvetischer Gesandter in Paris, Minister der Wissenschaft und Künste

Referenz: stapfer-philipp-albert-helvetischer-gesandter-in-paris-minister-der-wissenschaft-und-kunste
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Brief des helvetischen Gesandten in Paris P. A. STAPFER an den Bürger Vantange, stellvertretender Berichterstatter beim Kriegsrat in Paris. Paris, 14. Floreal Jahr IX (4. Mai 1801). 

Hinweis für den Vorphilatelisten: Dokumente von helvetischen Abgeordneten in Paris sind sehr selten und dieses Exemplar verfügt zudem über den raren Zierbriefkopf der Legation in Paris (Grünewald*: Bk-Nr. 3, Seltenheitsgrad 12, sehr selten). * Andreas Grünewald: «Die Helvetische Republik», Band IV Schriftenreihe Schweiz. Postgeschichte. *Andreas Grünewald: «Die Helvetische Republik», Band IV Schriftenreihe Schweiz. Postgeschichte.

Transkription:

«Paris, 14. Floreal an IX.

Au Citoyen Vantange, subsitut rapporteur près le Conseil de Guerre.

Citoyen

Pour obtenir la déclaration du C(itoye)n Zeltner sur la procédure du C(itoye)n Cavin, vous pouvez adresser au Préfet national du Canton de Soleure, la série de questions que vous désirez être répondues – Le Préfet présentera votre demande au tribunal de district, qui fera les perquisitions nécessaires & vous en fera connoitre le resultat. Quant au Commissaire des Guerres Viaris, s’il est Français & attaché à cette armée, il ne peut être interrogé par une autorité civile helvétique & vous devriez vous adresser á l’officier français, commandant la place de Berne – Si au contraire il étoit commissaire de l’Armée helvétique, vous écririez au Ministre de la Guerre, qui feroit faire l’audition dans les formes usitées.

Je vous salue

Stapfer»

Philipp Albert Stapfer (*1766 - †1840), ref., von Brugg. Sohn des Daniel, zweiten Pfarrers am Berner Münster, und der Sophie Louise Burnand. 1789-90 studierte Stapfer in Göttingen, reiste dann durch die Niederlande und hielt sich bis 1791 in London auf. Nach der Rückreise über Paris unterrichtete er in Bern Sprache und Philosophie am Polit. Institut, an dem junge Patriziersöhne auf ihre Laufbahn vorbereitet wurden, und übernahm 1797 dessen Leitung. Zur selben Zeit vertrat er seinen Onkel Johann an der Hohen Schule und wurde 1796 dessen Nachfolger. Unter S.s theol.-philosoph. Arbeiten vor 1798 ragt die Schrift "Die fruchtbarste Entwicklungsmethode der Anlagen des Menschen" hervor.

Stapfer zählte zu jenem Kreis der helvetischen Elite, in dem gemässigte Unitarier die Schweiz politisch-institutionell zu demokratisieren und erneuern suchten. Als Anhänger der Helvetischen Republik wurde Stapfer 1798 vom Direktorium zum Minister der Wissenschaft und Künste ernannt. Er setzte sich für die helvetische Nationalidee ein und betonte die Mission der Schweiz als Vermittlerin zwischen den Sprachkulturen. So schlug er ein Bureau für Nationalkultur, eine Nationalbibliothek, ein Nationalarchiv sowie diverse Museen vor. Bis zu seinem Rücktritt 1800 schuf er auch die Grundlagen für ein neues Bildungswesen. Bei seinem Entwurf eines gesamtschweizerischen Schulgesetzes von der Volksschule bis zur Nationaluniversität stützte er sich auf Enqueten ab und liess sich von namhaften Pädagogen wie Gregor Girard, Heinrich Zschokke und Johann Heinrich Pestalozzi beraten. Seine wegweisenden Ideen und Projekte liessen sich jedoch nicht umsetzen. Als Kultusminister vertrat er ein aufklärerisches Staatskirchentum, das die Spannungen zwischen Kirche und Staat unter Wahrung der religiösen Substanz überbrücken wollte. Aber auch hier geriet er zwischen die Fronten. Von 1800 bis zum Ende der Helvetik 1803 versah er den Gesandtenposten in Paris. Für die Consulta in Paris übte er Berater- und Koordinationsfunktionen aus. Napoleon Bonaparte bestellte ihn zum Präs. der Liquidationskommission der Helvetischen Republik. Stapfer beteiligte sich massgeblich an der Schaffung des neuen Kt. Aargau und setzte sich 1814 vehement gegen bernerische Wiedereingliederungsversuche und für dessen Selbstständigkeit ein. Trotz ehrenvoller Berufungen aus der Schweiz verbrachte er aus Rücksicht auf seine Gattin die zweite Lebenshälfte in Frankreich, u.a. in Paris und auf Schloss Talcy (Loir-et-Cher), blieb aber dank einer umfangreichen Korrespondenz mit ehemaligen Weggefährten seiner Heimat verbunden. 1835 erhielt er den Ehrendoktor der jurist. Fakultät der Univ. Bern.

Stapfers Schriften belegen vielschichtige philosoph., theol. und literar. Interessen sowie dessen Bemühen, dt. und franz. Literatur und Wissenschaft einander näherzubringen. In Paris zählten wichtige Persönlichkeiten aus dem intellektuellen Milieu wie Benjamin Constant, Alexander von Humboldt oder Germaine de Staël zu seinen Gesprächspartnern. Darüber hinaus pflegte S. einen intensiven Austausch mit der Erweckungsbewegung und stand für religiöse und karitative Organisationen im Einsatz, etwa an der Spitze der Pariser Bibelgesellschaft. Nach 1815 stellte er sich als einer der Wortführer des franz. Protestantismus gegen die klerikalen Tendenzen des restaurativen Königtums in Frankreich.

 

Grösse und Beschaffenheit des Dokuments: 25x20 cm, Papier.